Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Alexithymie, Entwicklungstrauma, Suchtentwicklung und dem Entzug deiner Fahrerlaubnis?
Hast du schon einmal von Alexithymie (Gefühlsblindheit) gehört? Es handelt sich dabei um einen Zustand, bei dem es dir schwerfällt, deine eigenen Emotionen und die Gefühle anderer Menschen zu erkennen, zu verstehen und auszudrücken. Gibt es Zusammenhänge zu Entwicklungstrauma und einer Suchtentwicklung? Was hat das mit einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) zu tun? Bleib dran – es wird spannend! Und was hat das mit Star Trek zu tun? Frag mal Mr. Spock 🙂 Schau es dir am Ende des Posts an.
Was ist Gefühlsblindheit?
Alexithymie ist ein Zustand, bei dem eine Person Schwierigkeiten hat, ihre eigenen Emotionen zu identifizieren, zu verstehen, auszudrücken und zu beschreiben. Ihr fehlen die Worte dafür.
Ebenfalls kann es für Betroffenen schwierig sein, Emotionen anderer Menschen zu erkennen oder zu verstehen, was zu Problemen führen kann, soziale Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten.
Ist Alexithymie eine Krankheit?
Es ist keine Krankheit, sondern ein Persönlichkeitsmerkmal, das mehr oder weniger stark ausgeprägt sein kann. Etwa 10% der erwachsenen Bevölkerung weisen dieses Merkmal auf. Jemand, der sehr alexithym ist, nimmt Gefühle wie Stress, Trauer, Angst oder Wut durch die körperlichen Symptome wie Bauchschmerzen, Schweißausbrüche, Bluthochdruck, Rückenschmerzen oder Herzklopfen wahr. Die Person bringt diese nicht mit dem Gefühl oder der Situation in Verbindung und tut sich schwer damit, Stresssymptome zu erkennen und zu regulieren. Personen mit stark ausgeprägter Gefühlsblindheit können die Gefühle anderer Menschen schwer wahrnehmen und merken oft nicht, wenn es anderen Menschen nicht gut geht.
Alexithyme Menschen haben ein erhöhtes Risiko für psychosomatische Erkrankungen wie Essstörungen, Suchterkrankungen insbesondere Alkoholkonsum, Angsterkrankungen oder Depressionen, die schwer zu diagnostizieren sind, weil den Betroffenen diese psychische Komponente nicht bewusst ist. Männer sind häufiger betroffen als Frauen.

Wie fühlt sich Alexithymie an?
Psychische Symptome
Psychische Symptome, die mit Alexithymie in Verbindung gebracht werden können, sind:
- Schwierigkeiten bei der Selbstreflexion: Menschen mit Alexithymie haben oft Schwierigkeiten, ihre eigenen Gedanken und Gefühle zu verstehen. Dies kann Probleme mit sich bringen, Entscheidungen zu treffen und eigene Bedürfnisse zu erkennen.
- Probleme bei der Regulierung von Emotionen: Dadurch können Schwierigkeiten auftreten, mit Stress umzugehen, wodurch man sich häufig gestresst und überwältigt fühlt.
- Schwierigkeiten bei der Kommunikation: Durch die Schwierigkeiten, Gefühle und Bedürfnisse verbal auszudrücken kann es zu Schwierigkeiten kommen, Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten.
- Geringes Selbstwertgefühl: Weil man nur schwer die eigenen Gedanken und Gefühle verstehen und ausdrücken kann, fällt es schwer, das Selbstwertgefühl aufzubauen und zu erhalten.
Körperliche Symptome
Es gibt auch eine Reihe von körperlichen Symptomen, die mit diesem Persönlichkeitsmerkmal in Verbindung gebracht werden können, wie:
- Chronische Schmerzen: Die Schwierigkeiten, zwischen körperlichen Empfindungen und Emotionen zu unterscheiden, kann dazu führen, dass körperliche Symptome wie Schmerzen als dauerhaft empfunden werden.
- Magen-Darm-Probleme: Es wurde festgestellt, dass Betroffene ein höheres Risiko für Magen-Darm-Probleme wie Reizdarmsyndrom haben.
- Spannungskopfschmerzen: Möglicherweise bestehen Schwierigkeiten, emotionale Spannungen zu erkennen und zu lösen.
- Schlafstörungen: Es wurde auch berichtet, dass Menschen mit Alexithymie häufiger unter Schlafstörungen leiden als andere.
Diese psychischen und körperlichen Symptome können auch bei anderen Erkrankungen auftreten. Das Vorhandensein dieser Symptome muss nicht unbedingt auf Alexithymie hinweisen. Aber es kann eine wichtige Suchrichtung für dich sein.
Wodurch entsteht Alexithymie?
Es kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden, wie z. B. genetische Veranlagung, traumatische Erfahrungen oder bestimmte medizinische Erkrankungen wie Autismus, Schizophrenie oder Hirnverletzungen.
Oft entsteht sie durch Entwicklungstraumata, wie Vernachlässigung in der Kindheit oder späteren traumatischen Erlebnissen. Wenn Bedürfnisse von Babys und Kindern von den Bezugspersonen nicht wahrgenommen und beantwortet werden, dann können sie nicht lernen, Gefühle wahrzunehmen und zu benennen und können keinen Zugang zu ihren Gefühlen entwickeln. Traumatische Erlebnisse können dazu führen, dass Personen sich vor nicht auszuhaltenden Emotionen schützen und quasi ihre Gefühle abschalten. Sie verlernen diese wahrzunehmen.

Was hat Gefühlsblindheit mit Sucht zu tun?
Eine mögliche Verbindung besteht zu einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Abhängigkeitserkrankung. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Betroffene eher zu problematischem Drogen- und Alkoholkonsum oder Verhaltenssüchten neigen als Menschen, die nicht darunter leiden, da betroffene Personen Schwierigkeiten haben, mit emotionalen Stressoren umzugehen und Strategien zur Emotionsregulation zu entwickeln.
Drogen, Alkohol und substanzungebundene Süchte können als Bewältigungsmechanismus dienen, um unangenehme Emotionen zu betäuben oder zu unterdrücken.
Der langfristige Konsum von Drogen, Alkohol oder süchtigem Verhalten kann zu weiteren Schwierigkeiten bei der Emotionsregulation führen, da es die Gehirnchemie verändern kann und man quasi weiter ungeübt bleibt, da man Gefühle ja dauerhaft unterdrückt, was den Teufelskreis verstärkt.

Exkurs: Substanzungebundene Abhängigkeitsformen
Substanzungebundene Abhängigkeitsformen sind Verhaltensweisen, die ein Suchtverhalten aufweisen, aber nicht auf den Konsum einer bestimmten Substanz wie Alkohol oder Drogen zurückzuführen sind. Diese Abhängigkeiten werden auch als Verhaltenssüchte oder nicht-substanzgebundene Abhängigkeiten bezeichnet. Sie können verschiedene Formen annehmen, einschließlich
- pathologischen Glücksspiels,
- Arbeitssucht,
- exzessiver Sport,
- riskantes und schnelles Auto fahren,
- Computerspielabhängigkeit,
- Kaufsucht,
- Sexsucht,
- Pornosucht,
- Essstörungen oder
- Zwanghaftigkeit im Internetgebrauch,
- Schönheitsoperationen.
Diese Verhaltensweisen können ebenso wie Substanzabhängigkeiten Auswirkungen auf dein Leben und das deiner Angehörigen haben und zu negativen gesundheitlichen, finanziellen und sozialen Folgen führen, wie etwa dem Verlust deiner Fahrerlaubnis und der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) wegen Drogen, Alkohol oder Verkehrsdelikten und Straftaten.
Hier schließt sich der Kreis. Dieser Artikel kann dir vielleicht ein paar Impulse geben, dich selber besser zu verstehen.
Obwohl substanzungebundene Abhängigkeiten nicht durch den Konsum einer bestimmten Substanz verursacht werden, teilen sie ähnliche Merkmale mit Substanzabhängigkeiten. Dazu gehören ein starker Wunsch, das Verhalten fortzusetzen, obwohl es negative Auswirkungen hat, Kontrollverlust über das Verhalten und Entzugserscheinungen, wenn das Verhalten nicht ausgeführt wird.
Nicht alle Menschen mit Alexithymie missbrauchen Drogen, Alkohol, neigen zu pathologischem Glücksspiel etc. oder werden abhängig. Der Zusammenhang zwischen Alexithymie, Drogen- und Alkoholkonsum sowie Verhaltenssüchten ist komplex und von vielen individuellen Faktoren abhängig. Ich möchte dir hier nur mögliche Suchrichtungen aufzeigen.
Was hat Alexithymie mit Trauma zu tun?
Eine weitere mögliche Verbindung besteht zu Trauma. Ein traumatisches Ereignis kann zur Entstehung von Gefühlsblindheit beitragen. Durch ein Trauma werden emotionale Erfahrungen möglicherweise nicht richtig verarbeitet, was dazu führen kann, dass es dir schwerfällt, deine eigenen Emotionen zu erkennen oder auszudrücken.

Trauma und Suchtentwicklung
Trauma spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Suchtverhalten. Menschen, die traumatische Ereignisse erlebt haben, können sich oft in einer anhaltenden emotionalen Belastungssituation befinden, die sie dazu veranlassen kann, sich von diesem Zustand abzulenken oder ihn betäuben zu wollen.
In emotionalen Belastungssituationen greifen Personen mit traumatischen Erfahrungen häufig zu Substanzen wie Alkohol, Drogen oder süchtigen Verhaltensweisen. Hierdurch fühlst du dich vorübergehend besser und kannst unangenehmen Gefühle unterdrücken. Das Suchtverhalten kann sich dadurch weiter verstärken, da du nun auf die Substanzen angewiesen bist, um mit Stress oder schwierigen Emotionen umzugehen.
Entwicklungs- oder Schocktraumata können auch dazu führen, dass Menschen bestimmte Verhaltensmuster entwickeln, die süchtiges Verhalten begünstigen. Zum Beispiel können Personen, die emotionalen, körperlichen oder sexuellen Missbrauch erfahren haben, Schwierigkeiten haben, Vertrauen zu anderen Menschen aufzubauen und sich in sozialen Situationen wohlzufühlen. Dies kann dazu führen, dass du dich isoliert fühlst oder dich in riskanten Situationen wiederfindest, die wiederum das Risiko für Suchtverhalten erhöhen. Nicht jeder Mensch, der ein Trauma erlebt hat, entwickelt zwangsläufig eine Sucht. Aber das Risiko für Suchtverhalten kann durch traumatische Erfahrungen höher sein. In meinem Post Trauma und Sucht kannst du mehr dazu lesen,

Welche Möglichkeiten gibt es, deinen emotionalen Kompass zu stärken?
Ein emotionales Training kann dir helfen, die Fähigkeit zu verbessern, Emotionen und Gedanken zu identifizieren, zu verstehen und auszudrücken. Bessel van der Kolk beschreibt in seinem wunderbaren Buch: Verkörperter Schrecken, u.a. wie Yoga helfen kann, dich besser wahrzunehmen und zu regulieren. Meditation und Sport – du weißt, das sind Geheimtipps:) Nimm deinen Körper mit rein. Das ist wichtig! So kannst du langfristig lernen, besser mit Stress umzugehen und Strategien zur Emotionsregulation entwickeln, deinen Substanzkonsum, das Zocken oder das Rasen mit dem Auto zu reduzieren oder einzustellen. Schau auch mal unter MPU-Tipps nach! #Dopamin

Hast du Fragen zu dir,
deinem Konsum und deinem Führerschein?
Quellen und weiterführende Artikel
- Honkalampi, K., Jokela, M., Lehtho, S. M., Kivimäki, M. & Virtanen, M. (2022): Association between alexithymia and substance use: A systematic review and meta‐analysis. Scandinavian Journal of Psychology, 63, 427-438.
- Franz, M., Popp, K., Schaefer, R., Sitte, W., Schneider, C., Hardt, J., Decker, O. & Braehler, E. (2007): Alexithymia in the German general population. Social Psychiatry and Psychiatric Epidemiology, 43, 54-62.
- Trauma und Sucht
- MPU wegen Drogen
- MPU wegen Alkohol
- MPU trotz Rezept
- ADHS-Elvanse Adult und Führerschein
- MPU bei Dauermedikation
- MPU Beratung und Vorbereitung online und in Bonn
- MPU-Vorbereitungskurse online
- MPU wegen Verkehrsdelikten, Straftaten und Aggressionen
- Anti-Gewalt Training
- Emotionen lassen sich lernen
- Selbsttest
- Star Trek und Mr. Spock
- Video zur sozial-emotionalen Entwicklung