Alexithymie, Trauma, Sucht und Führerschein

Alexithymie und der Link zum Führerschein

Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Alexithymie, Entwicklungstrauma, Suchtentwicklung und dem Entzug deiner Fahrerlaubnis

Hast du schon einmal von Alexithymie (Gefühlsblindheit: blöde Bezeichnung :)) gehört? Es handelt sich dabei um einen Zustand, bei dem es dir schwerfällt, deine eigenen Emotionen und die Gefühle anderer Menschen zu erkennen, zu verstehen und auszudrücken. 

Gibt es Zusammenhänge zwischen Trauma und Sucht oder komplexen EntwicklungstraumataHochrisikoverhalten oder einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU)? Ist dieses Phänomen vielleicht einfach nur ein kultureller Bias, der sagt, wie Männer sich verhalten sollen. Das sie keine Gefühle oder Schwäche zeigen „dürfen“? Das ist oldschool 😉 Es ist 2024!!! Bleib dran – es wird spannend! Und was hat das mit Star Trek zu tun? Frag mal Mr. Spock 🙂 Schau es dir am Ende des Posts an.

Was ist Gefühlsblindheit

Alexithymie ist ein Zustand, bei dem eine Person Schwierigkeiten hat, ihre eigenen Emotionen zu identifizieren, zu verstehen, auszudrücken und zu beschreiben. Ihr fehlen die Worte dafür. Ebenfalls kann es für Betroffenen schwierig sein, Emotionen anderer Menschen zu erkennen oder zu verstehen, was zu Problemen führen kann, soziale Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten.

Ist Alexithymie eine Krankheit

Es ist keine Krankheit, sondern zunächst ein Persönlichkeitsmerkmal, das mehr oder weniger stark ausgeprägt sein kann. Etwa 10% der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland weisen dieses Merkmal auf. Jemand, der sehr alexithym ist, nimmt Gefühle wie Stress, Trauer, Angst oder Wut durch die körperlichen Symptome wie Bauchschmerzen, Reizdarm, Schweißausbrüche, Bluthochdruck, Rückenschmerzen oder Herzklopfen wahr.

Wenn du betroffen bist, bringst du deine körperlichen Reaktionen nicht mit dem Gefühl oder der Situation in Verbindung und tust dich schwer damit, Stresssymptome zu erkennen und zu regulieren. Personen mit stark ausgeprägter Gefühlsblindheit können die Gefühle anderer Menschen schwer wahrnehmen und merken oft nicht, wenn es anderen Menschen nicht gut geht oder wissen nicht, wie sie sich ihnen gegenüber verhalten sollen.

Alexithyme Menschen haben ein erhöhtes Risiko für psychosomatische Erkrankungen wie Essstörungen, Substanzkonsum insbesondere Alkoholkonsum, Medikamente oder illegale Drogen, Angsterkrankungen oder Depressionen, die schwer zu diagnostizieren sind, weil den Betroffenen diese psychische Komponente nicht bewusst ist. Es kann zu Problemen in sozialen Beziehungen kommen. Männer sind häufiger betroffen als Frauen.

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Wie fühlt sich Alexithymie an

Psychische Symptome

Psychische Alexithymie Symptome sind:

  1. Schwierigkeiten bei der Selbstreflexion: Menschen mit Alexithymie haben oft Schwierigkeiten, ihre eigenen Gedanken und Gefühle zu verstehen. Dies kann Probleme mit sich bringen, Entscheidungen zu treffen und eigene Bedürfnisse zu erkennen.
  2. Probleme bei der Regulierung von Emotionen: Dadurch können Schwierigkeiten auftreten, mit Stress umzugehen, wodurch man sich häufig gestresst und überwältigt fühlt.
  3. Schwierigkeiten bei der Kommunikation: Durch die Schwierigkeiten, Gefühle und Bedürfnisse verbal auszudrücken kann es zu Schwierigkeiten kommen, Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten.
  4. Geringes Selbstwertgefühl: Weil man nur schwer die eigenen Gedanken und Gefühle verstehen und ausdrücken kann, fällt es schwer, das Selbstwertgefühl aufzubauen und zu erhalten.

Körperliche Symptome

Es gibt auch eine Reihe von körperlichen Symptomen, die mit diesem Persönlichkeitsmerkmal in Verbindung gebracht werden können, wie:

  1. Chronische Schmerzen: Die Schwierigkeiten, zwischen körperlichen Empfindungen und Emotionen zu unterscheiden, kann dazu führen, dass körperliche Symptome wie Schmerzen als dauerhaft empfunden werden.
  2. Magen-Darm-Probleme: Betroffene können ein höheres Risiko für Magen-Darm-Probleme wie Reizdarmsyndrom haben.
  3. Spannungskopfschmerzen: Möglicherweise bestehen Schwierigkeiten, emotionale Spannungen zu erkennen und zu lösen, und du bemerkst dies an Kopfschmerzen oder Migräne.
  4. Schlafstörungen: Menschen mit Alexithymie leiden häufiger unter Schlafstörungen.

Diese psychischen und körperlichen Symptome können auch bei Erkrankungen auftreten. Das Vorhandensein dieser Symptome muss nicht unbedingt auf Alexithymie hinweisen. Aber es kann eine wichtige Suchrichtung für dich sein. Was auch im Hinterkopf sein sollte: Wenn du ein Mann bist, dann können auch Erziehungspraktiken dazu beitragen, dass du deine Gefühle schlecht wahrnehmen kannst!

Wodurch entsteht Alexithymie

Die genaue Ursache von Alexithymie ist noch nicht vollständig verstanden. Es wird angenommen, dass sie auf eine Kombination von Umwelteinflüssen, genetischen, neurobiologischen und psychologischen Faktoren zurückzuführen ist. Einige Studien deuten darauf hin, dass eine genetische Veranlagung eine Rolle spielen könnte, da Alexithymie in einigen Familien gehäuft auftritt. Vielleicht liegt es an einem Erziehungsstil, der Männern Gefühle und Empfindsamkeit untersagt? Weil es soziale Normen sind? Dies könnte aber auch an einem Entwicklungstrauma in der Kindheit liegen oder dem Aspekt der transgenerationalen Traumaweitergabe. Meistens liegt die Erklärung in einer Wechselwirkung der unterschiedlichen Dimensionen.

Romeo et al. (2020) zeigen auf, dass eine instabile Bindung zu Bezugspersonen, insbesondere zur Mutter und zum Vater, sowie eine übermäßige Fürsorglichkeit mit einem erhöhten Risiko für stark ausgeprägte Alexithymie verbunden sind. Andere Untersuchungen zeigen eine Verbindung zu Vernachlässigung und Missbrauch auf (siehe unten).

Wichtige mögliche Umwelteinflüsse, können somit frühe Kindheitserfahrungen sein. Schwierige familiäre Umstände, traumatische Ereignisse oder unzureichende emotionale Unterstützung während der Entwicklung (vgl. Bindungsstile) könnten dazu beitragen, dass du Schwierigkeiten hast, deine eigenen Emotionen zu erkennen und auszudrücken.

Neurobiologisch gesehen könnten Abweichungen in Hirnstrukturen und neurochemischen Prozessen, insbesondere im Bereich der Emotionsverarbeitung und -regulation, eine Rolle spielen. Aber auch hier besteht die Möglichkeit, dass es sich um eine Dysregulation der Stressachse, als Traumafolge handelt.

Was hat Alexithymie mit Trauma zu tun

Eine mögliche Verbindung besteht zu Trauma. Ein traumatisches Ereignis kann zur Entstehung von Gefühlsblindheit beitragen. Durch ein Trauma werden emotionale Erfahrungen möglicherweise nicht richtig verarbeitet, was dazu führen kann, dass es dir schwerfällt, deine eigenen Emotionen zu erkennen oder auszudrücken.

 

Alexithymie Trauma Sucht und Führerschein

Eine neue Meta-Analyse von Ditzer (2023) stellt einen Zusammenhang zwischen Alexithymie, also der Schwierigkeit in der Emotionsverarbeitung, und emotionalem Missbrauch sowie emotionaler und körperlicher Vernachlässigung her. Komplexe und langanhaltende Kindheitstraumata können somit eine Ursache für die Schwierigkeit sein, Emotionen im Erwachsenenalter zu verarbeiten.

Wenn Bedürfnisse von Babys und Kindern von den Bezugspersonen nicht wahrgenommen und beantwortet werden, dann können sie nicht lernen, Gefühle wahrzunehmen und zu benennen und können keinen Zugang zu ihren Gefühlen entwickeln. Chronische traumatische Erlebnisse in den unterschiedlichen Entwicklungsstufen eines Kindes können dazu führen, dass Personen sich vor nicht auszuhaltenden Emotionen schützen und quasi ihre Gefühle abschalten. Sie verlernen diese wahrzunehmen (Squeeze, Schreckstarre, Totstellreflex). In meinem Post Trauma und Sucht kannst du mehr dazu lesen.

Was hat Gefühlsblindheit mit Sucht oder Substanzkonsum zu tun

Eine mögliche Verbindung besteht auch zu einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Abhängigkeitserkrankung. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Betroffene eher zu problematischem Drogen- und Alkoholkonsum oder Verhaltenssüchten neigen als Menschen, die keine veränderte Emotionswahrnehmung haben. Das liegt daran, dass betroffene Personen Schwierigkeiten haben, mit emotionalen Stressoren umzugehen und Strategien zur Emotionsregulation zu entwickeln. Dies könnte an einer Dysbalance deiner Stressachsel liegen.

Drogen, Alkohol und substanzungebundene Süchte können als Bewältigungsmechanismus dienen, um unangenehme Emotionen zu betäuben oder zu unterdrücken. Zunächst eine kluge Lösungsvariante, hilft leider nicht nachhaltig.

Der langfristige Konsum von Drogen, Alkohol oder süchtigem Verhalten führt eher zu weiteren Schwierigkeiten bei der Emotionsregulation, da es die Gehirnchemie verändern kann und man quasi weiter ungeübt bleibt, da man Gefühle ja dauerhaft unterdrückt, was den Teufelskreis verstärkt. In meinem MPU Blog kannst du mehr Hintergrundwissen erhalten. Hier findest du den Beitrag Gefühle und Selbstregulation.

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Trauma und Suchtentwicklung: Auch hier gibt es einen Link!

Trauma spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Suchtverhalten. Menschen, die traumatische Ereignisse erlebt haben, können sich oft in einer anhaltenden emotionalen Belastungssituation befinden, die sie dazu veranlassen kann, sich von diesem Zustand abzulenken oder ihn betäuben zu wollen.

In emotionalen Belastungssituationen greifen Personen mit traumatischen Erfahrungen dann häufig zu Substanzen wie Alkohol, Drogen oder süchtigen Verhaltensweisen. Hierdurch fühlst du dich vorübergehend besser und kannst unangenehmen Gefühle unterdrücken. Das Suchtverhalten kann sich dadurch weiter verstärken, da du nun auf die Substanzen angewiesen bist, um mit Stress oder schwierigen Emotionen umzugehen. 

Entwicklungstraumata können auch dazu führen, dass Menschen bestimmte Verhaltensmuster entwickeln, die süchtiges Verhalten begünstigen. Zum Beispiel können Personen, die emotionalen, körperlichen oder sexuellen Missbrauch oder Vernachlässigung erfahren haben, Schwierigkeiten haben, Vertrauen zu anderen Menschen aufzubauen und sich in sozialen Situationen wohl zu fühlen. Dies kann dazu führen, dass du dich isoliert fühlst oder dich in riskanten Situationen wiederfindest, die wiederum das Risiko für Suchtverhalten erhöhen.

Exkurs: Substanzungebundene Abhängigkeitsformen

Substanzungebundene Abhängigkeitsformen sind Verhaltensweisen, die ein Suchtverhalten aufweisen, aber nicht auf den Konsum einer bestimmten Substanz wie Alkohol oder Drogen zurückzuführen sind. Diese Abhängigkeiten werden auch als Verhaltenssüchte oder nicht-substanzgebundene Abhängigkeiten bezeichnet. Sie können verschiedene Formen annehmen, einschließlich 
  • pathologischen Glücksspiels, 
  • Arbeitssucht, 
  • exzessiver Sport, 
  • riskantes und schnelles Auto fahren, 
  • Computerspielabhängigkeit, 
  • Kaufsucht, 
  • Sexsucht, 
  • Pornosucht,
  • Essstörungen oder 
  • Zwanghaftigkeit im Internetgebrauch,
  • permanente Schönheitsoperationen. 

Diese Verhaltensweisen können ebenso wie ein Substanzkonsum, Auswirkungen auf dein Leben und das deiner Angehörigen haben und zu negativen gesundheitlichen, finanziellen und sozialen Folgen führen, wie etwa dem Verlust deiner Fahrerlaubnis und der Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) wegen Drogen, Alkohol oder Verkehrsdelikten und Straftaten

Hier schließt sich der Kreis zunächst. Dieser Artikel kann dir vielleicht ein paar Impulse geben, dich selbst besser zu verstehen. Obwohl substanzungebundene Abhängigkeiten nicht durch den Konsum einer bestimmten Substanz verursacht werden, teilen sie ähnliche Merkmale mit Substanzabhängigkeiten. Dazu gehören ein starker Wunsch, das Verhalten fortzusetzen, obwohl es negative Auswirkungen hat, Kontrollverlust über das Verhalten und Entzugserscheinungen, wenn das Verhalten nicht ausgeführt wird. Mehr Infos findest du in meinem Artikel Missbrauch, Sucht und Abhängigkeit.

Nicht alle Menschen mit Alexithymie oder mit Traumafolgen missbrauchen Drogen, Alkohol, neigen zu pathologischem Glücksspiel etc. oder werden abhängig. Ein beträchtlicher Anteil bleibt resilient. Der Zusammenhang zwischen Alexithymie, Drogen-, Medikamenten- und Alkoholkonsum sowie Verhaltenssüchten ist komplex und von vielen individuellen Faktoren abhängig. Ich möchte dir hier nur mögliche Suchrichtungen aufzeigen.

Trauma und Sucht

Welche Möglichkeiten gibt es, deinen emotionalen Kompass zu stärken

Ein emotionales Training kann dir helfen, die Fähigkeit zu verbessern, Emotionen und Gedanken zu identifizieren, zu verstehen und auszudrücken. Bessel van der Kolk beschreibt in seinem wunderbaren Buch: Verkörperter Schrecken, u.a. wie Yoga helfen kann, dich besser wahrzunehmen und zu regulieren. Meditation und Sport – du weißt, das sind Geheimtipps:) Nimm deinen Körper mit rein. Das ist wichtig! So kannst du langfristig lernen, besser mit Stress umzugehen und Strategien zur Emotionsregulation entwickeln, deinen Substanzkonsum, das Zocken oder das Rasen mit dem Auto zu reduzieren oder einzustellen. Und an alle Kerle – es ist 2023! Du darfst Gefühle haben und sie sogar zeigen 🙂 Schau auch mal unter MPU Tipps nach! #Dopamin

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Es ist wichtig, dein Gefühl immer auf allen Ebenen wahrzunehmen: körperlich, emotional, geistig und Handlungsebene 🙂

Hast du Fragen zu dir,
deinem Konsum und deinem Führerschein?

Hast du das Gefühl, dieser Text hat etwas mit dir zu tun? Hast du eine Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) oder möchtest du gerne wissen, warum du immer Probleme mit dem Einhalten von Verkehrsregeln hast, soviel zockst, kiffst, kokst oder trinkst? Ruf mich an oder schreibe mir.
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Alexithymie bezeichnet eine Persönlichkeitseigenschaft von etwa 10% der deutschen Bevölkerung, bei der eine Person Schwierigkeiten hat, eigene Emotionen zu erkennen, zu benennen und angemessen auszudrücken. Dies kann zu einer eingeschränkten Fähigkeit führen, die eigenen Gefühle zu verstehen und mit ihnen umzugehen.

Interozeption bezieht sich auf die Fähigkeit, die inneren körperlichen Empfindungen und Zustände wahrzunehmen, wie zum Beispiel Herzschlag, Atmung und Hunger. Diese beiden Konzepte sind miteinander verbunden, da Schwierigkeiten in der Interozeption oft mit Alexithymie einhergehen können, was die Fähigkeit beeinträchtigt, emotionale Zustände zu erkennen, die oft auch körperliche Empfindungen beinhalten.

Quellen und weiterführende Artikel

2 Kommentare zu „Alexithymie und der Link zum Führerschein“

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