Welche Risikofaktoren können eine Suchtentwicklung begünstigen?
Bindungsstile und Suchtentwicklung – welchen Zusammenhang gibt es?
Die Entstehung einer Suchterkrankung hat mehrere Ursachen und kann durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden. Der Bindungsstil spielt dabei eine Ursache. Es gibt aber auch andere Risikofaktoren, die zur Entwicklung einer Sucht beitragen können:
- Umweltfaktoren: Belastungen wie Stress, Traumata, Konflikte, soziale Isolation und Armut.
- Persönlichkeitsmerkmale: Bestimmte Persönlichkeitsmerkmale wie Impulsivität, geringe Frustrationstoleranz, mangelndes Selbstwertgefühl.
- Soziale und kulturelle Faktoren: Die Verfügbarkeit von Drogen und Alkohol, die Akzeptanz von Drogenmissbrauch in bestimmten sozialen Gruppen und die kulturelle Normalisierung von Alkohol- und Drogenkonsum.
- Genetik: Eine genetische Veranlagung kann das Risiko einer Suchterkrankung erhöhen.
Die Entstehung einer Suchterkrankung kann also nicht durch eine einzige Ursache erklärt werden, sondern wird durch eine komplexe Interaktion von biologischen, psychologischen, sozialen und kulturellen Faktoren beeinflusst. In diesem Artikel wird es nur um den Zusammenhang von Bindung und Sucht gehen, weil bestimmte Merkmale oder Erfahrungen, die mit einem Bindungsstil verbunden sind, das Risiko für Suchtverhalten begünstigen.
Möglicherweise wird hier der Versuch unternommen, durch unterschiedliche Substanzen oder Verhalten spezifische Bindungsdefizite zu kompensieren. Insbesondere unsichere Bindungsmuster scheinen einen Substanzkonsum oder süchtige Verhaltensweisen zu begünstigen.
Was ist Bindung?
Bindung bezeichnet die Art und Weise, wie Menschen emotionale Beziehungen aufbauen und aufrechterhalten. Sie entwickelt sich in den ersten Lebensjahren und wird von der Qualität der Interaktionen zwischen dem Kind und seinen Bezugspersonen beeinflusst.
Der Bindungsstil bezieht sich auf die Art und Weise, wie Menschen in zwischenmenschlichen Beziehungen Bindungen aufbauen, aufrechterhalten und beenden. Dieser Begriff geht zurück auf die Theorie der Bindung, die von John Bowlby und Mary Ainsworth entwickelt wurde.
Die Bindungstheorie besagt, dass Menschen von Geburt an eine angeborene Tendenz haben, Bindungen zu anderen Menschen aufzubauen und aufrechtzuerhalten, um Schutz, Sicherheit und Unterstützung zu erhalten. Die Qualität der frühen Bindungserfahrungen, die ein Mensch mit seinen Bezugspersonen macht, prägt maßgeblich die Art und Weise, wie er oder sie später Beziehungen aufbaut und gestaltet. Hier kannst du dir ein Video über Bindungstypen ansehen, wo das ganz einfach erklärt wird.
Welche Bindungstypen gibt es?
Basierend auf der Bindungstheorie unterscheiden Bowlby und Ainsworth vier verschiedene Bindungsstile, die jeweils verschiedene Merkmale und Auswirkungen auf zwischenmenschliche Beziehungen aufweisen können. Diese Bindungsstile sind:
- Sicher gebunden: Menschen mit diesem Bindungsstil haben gelernt, dass ihre Bezugspersonen für sie da sind und ihnen in emotionalen und praktischen Angelegenheiten helfen. Sie haben das Vertrauen, dass ihre Bedürfnisse erfüllt werden und fühlen sich sicher, weil sie sich auf andere verlassen können. Sie haben in der Regel ein gutes Selbstwertgefühl und können ihre Emotionen gut regulieren. Menschen mit einem sicheren Bindungsstil haben ein geringeres Risiko für Suchtverhalten und können gesunde Bewältigungsmechanismen wie Sport oder soziale Unterstützung nutzen, um mit Stress umzugehen.
- Unsicher-vermeidend gebunden: Menschen mit diesem Bindungsstil haben gelernt, ihre Bedürfnisse zu unterdrücken und unabhängig zu sein. Sie haben erfahren, dass ihre Bezugsperson nicht zuverlässig war und vermeiden es deshalb, sich auf andere einzulassen. Schwierigkeiten können entstehen, wenn es um das Aufrechterhalten von Intimität und Nähe geht, da dies für sie unangenehm sein kann. Sie fühlen sich unwohl, wenn sie Hilfe benötigen.
- Ambivalent-unsicherere Bindung: Erwachsene mit einem ambivalent-unsicheren Bindungsstil sind oft besorgt, dass ihre Bindungspersonen sie verlassen werden. Sie haben möglicherweise Erfahrungen gemacht, in denen sie nicht in der Lage waren, ihre Bedürfnisse zu artikulieren oder von ihren Bindungspersonen verstanden zu werden. Schwierigkeiten können entstehen, wenn es darum geht, sich sicher und vertrauensvoll in einer Beziehung zu fühlen, da sie oft Angst haben, dass die Beziehung scheitern wird. Sie können sich unsicher oder ängstlich in Beziehungen fühlen und haben möglicherweise Schwierigkeiten, ihre Emotionen zu regulieren.
- Desorganisierter Bindungsstil: Menschen mit diesem Bindungsstil haben möglicherweise traumatische Erfahrungen gemacht (siehe Post: Trauma und Sucht) und keine stabile und zuverlässige Bindungserfahrung machen können. Schwierigkeiten entstehen, wenn es darum geht, intime Beziehungen aufzubauen, da Schwierigkeiten bestehen, Vertrauen aufzubauen und Beziehungen stabil zu halten. Du fühlst dich dann in Beziehungen ambivalent oder vermeidend oder beides und hast oft Schwierigkeiten, diese Emotionen zu regulieren.
Wie deine ersten Bindungserfahrungen gelaufen sind, kann also Auswirkungen auf die Art und Weise haben, wie du die Beziehung zu dir selbst und anderen Menschen gestaltest, wie stark dein Selbstwertgefühl ist, wie gut du deine Bedürfnisse achtest, deine Gefühle regulieren kannst und wie hoch das Risiko für Substanzkonsum ist. Aber egal wie deine Bindungserfahrungen waren. Dein Bindungsstil ist nicht in Stein gemeißelt und du bist in der Lage, ihn im Laufe der Zeit zu verändern. Wie das geht, zeige ich dir gleich. Also, bleib dran!
Important!
Wie biografische Erfahrungen deiner Bezugspersonen deine Bindungserfahrung beeinflusst
Es gibt verschiede Ursachen, warum deine Bezugsperson, eine unsichere Bindungserfahrung bei dir begünstigt hat und dir keine ausreichende Sicherheit im Beziehungsaufbau geben konnte. Deine Bezugsperson (Eltern, Großeltern oder eine andere Pflegeperson etc.) hat dich höchstwahrscheinlich ausreichend geliebt, war aber leider aufgrund ihrer eigenen Biografie oder einer Erkrankung eingeschränkt in der Interaktion mit dir.
Ich zeige dir ein paar Beispiele, welchem Stress Bezugspersonen ausgesetzt sein können:
- Traumata (Krieg, Flucht, Gewalt etc.) auch transgenerationale Trauma und Epigenetik beachten (Post: Trauma und Sucht),
- Konfliktreiche Paarbeziehung,
- zu viel Arbeit oder finanzielle Probleme,
- psychische Erkrankung (Depression, Angst, Panik),
- körperliche Erkrankungen können die Beziehungsgestaltung (zeitweise) einschränken,
- Überforderung, durch Erkrankung eines Familienmitglieds. Überforderung kann generell dazu führen, dass die Bindungsperson sich zurückzieht oder keine ausreichende emotionale Verfügbarkeit für das Kind hat.
- Suchtprobleme bei deiner Bezugsperson können dazu führen, dass keine stabile Bindung hergestellt werden kann. Sie ist emotional nicht für dich verfügbar und kann deine Bedürfnisse nicht angemessen befriedigen.

Bindung und Sucht
Es gibt Hinweise darauf, dass bei unsicheren oder ambivalenten Bindungserfahrungen ein erhöhtes Risiko für problematischen Substanzkonsum entsteht. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass dadurch Schwierigkeiten entstehen,
- Emotionen und Bedürfnisse angemessen zu regulieren und dass der
- Substanzkonsum als Selbstregulationsversuch dient.
Dieses Beispiel kann den Zusammenhang von Bindung und Sucht verdeutlichen: Wenn du unsicher oder ambivalent gebunden bist, kannst du Schwierigkeiten haben, deine Emotionen zu regulieren und fühlst dich unsicher oder ängstlich in zwischenmenschlichen Beziehungen. Substanzen wie Alkohol, Drogen oder Verhaltenssüchte (Arbeiten, Glücksspiel, Essen etc.) können vorübergehend helfen, deine negativen Gefühle zu reduzieren oder zu unterdrücken und dir eine kurzfristige Entlastung von dem emotionalen Stress bieten.
Dieser Selbstregulationsversuch durch Substanzkonsum hat jedoch langfristig negative Auswirkungen und führt nicht nur zu einem problematischen Substanzkonsum. Du verschärft das ganze Thema langfristig, weil du deinen
Selbstwert nicht aufbaust, nicht lernst deine Gefühle besser zu regulieren und den Stress selbstständig zu reduzieren. Oft kann man auch in einem konsumierenden Umfeld keine neuen, heilsamen und stabilen Bindungserfahrungen machen, weil ja alle relativ ungeübt darin sind.

Konstruktive Lösungsideen und Tipps für die Verbesserung deiner Emotionsregulation
Du kannst alternative Methoden zu Substanzkonsum oder Verhaltenssüchten finden, um dein Selbstwertgefühl zu stabilisieren und deine Emotionen und Bedürfnisse angemessen zu regulieren. Beispielsweise durch gezieltes Erlernen von Emotionsregulationsstrategien, um die zugrunde liegenden Bindungserfahrungen und -muster zu verstehen und zu bearbeiten.
- (Re)Integration von Körper, Seele und Geist: Beachte immer die verschiedenen Ebenen. Deine körperlichen, geistigen und emotionalen Erfahrungen und Zustände sind miteinander verflochten und beeinflussen sich gegenseitig. Wenn du bemerkst, dass du eine Seite überbetonst, integriere die anderen.
- Mach dir klar, was Gefühle sind (dein Navi): Gefühle sind mentale Zustände oder Erfahrungen, die auf eine bestimmte Situation oder einen bestimmten Reiz hin entstehen. Sie können positive, negative oder neutrale Empfindungen auslösen und sind mit körperlichen Empfindungen, Gedanken und Verhaltensweisen verbunden. Es gibt viele verschiedene Arten von Gefühlen, wie z.B. Freude, Trauer, Wut, Liebe, Angst, Ekel und Überraschung. Sie zeigen sich auf verschiedenen Ebenen: körperlich (wie Herzklopfen oder Schwitzen), kognitiv (wie Gedanken und Überzeugungen) oder verhaltensbezogen (wie Handlungen oder Ausdruck). Lerne keine Angst vor deinen Gefühlen zu haben und sie zu integrieren und zu regulieren: Das Wahrnehmen, Benennen und Steuern von Gefühlen ist ein wichtiger Aspekt der emotionalen Intelligenz und kann durch verschiedene Methoden und Techniken erlernt werden. Achtung: Es gibt auch Menschen, die Probleme haben Gefühle wahrzunehmen oder zu benennen. Wenn du gerade darüber nachgedacht hast, dann lies dir erstmal meinen Post zu Alexithymie (Gefühlsblindheit) durch.
Freunde dich mit deinen Gefühlen an
Hier sind einige Möglichkeiten für dich, wie du damit starten kannst, dich mit deinen negativen und positiven Gefühlen anzufreunden. Es geht um Annahme versus Verdrängung! Denk dran, sie sind dein Navi!
- Achtsamkeit: Achtsamkeitsübungen wie Meditation und Atemübungen können dir helfen, Gefühle bewusster wahrzunehmen und zu beobachten, ohne von ihnen überwältigt zu werden.
- Journaling: Schreibe ein Tagebuch, um die eigenen Gefühle und Gedanken zu notieren, was helfen kann, sie besser zu verstehen und zu benennen.
- Sport: Kraft- und Ausdauersport ist eine perfekte Möglichkeit eine bessere Gefühlsregulation zu erreichen.
- Selbstreflexion: Indem du dich selbst kritisch reflektierst und deine Reaktionen und Emotionen in bestimmten Situationen analysierst, kannst du lernen, wie du mit ihnen umgehen und sie besser kontrollieren kannst.
- Entspannungsübungen: Yoga, Meditation oder Progressive Muskelentspannung können dir helfen, die körperlichen Symptome von emotionaler Überforderung oder Angst zu reduzieren und somit die Kontrolle über die eigenen Gefühle zu verbessern.
- Gutes soziales Umfeld und Unterstützung: Tausche dich mit anderen Menschen aus und baue dir ein gesundes und liebevolles Unterstützungsnetzwerk auf. Es kann dir dabei helfen, belastende Emotionen zu bewältigen und zu regulieren. Reden hilft. Es ist eine Stärke sich mitteilen zu können und keine Schwäche. #Deeptalk
- Coaching: Gönne dir ein Coaching. Es kann eine effektive Möglichkeit sein, um Gefühle zu erkennen, zu benennen und zu regulieren, insbesondere wenn es um tiefer verwurzelte oder schwierige Emotionen geht.
Sei gut zu dir selbst!
Wenn du diesen Weg antrittst, dann habe Geduld mit dir selbst ♥️. Das Erlernen von Fähigkeiten zur emotionalen Wahrnehmung, Benennung und Steuerung ist ein Prozess, der Zeit und Übung erfordert. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Indem du dich mit diesen Techniken auseinandersetzt und sie regelmäßig anwendest, kannst du deine emotionale Kompetenz stärken und einen besseren Umgang mit deinen Gefühlen erreichen – ganz ohne Substanzkonsum oder nervigen Verhaltensweisen! In der heutigen Zeit tut uns allen, jedes Gramm emotionale Intelligenz und Wohlbefinden gut!
Tipps für den Aufbau deines Selbstbewusstseins und Selbstwertgefühls schreibe ich dir in meinem nächsten Post. Bis dahin, kannst du die obigen Tipps anwenden. Ehrlich gesagt gibt es auch gar keine großen Unterschiede zu den Hacks zum Aufbau deiner Gefühlsebene! Wenn du Fragen. hast, melde dich unkompliziert bei mir.
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Weiterführende Artikel und Quellen Bindungsstile und Suchtentwicklung
- Grossmann, Karin, Grossmann, Klaus E. (2004): Bindungen. Das Gefüge psychischer Sicherheit
- Brisch, Karl Heinz: Bindung und Sucht (2019)
- Selbstwert, Sucht und Fahrerlaubnis
- Alexithymie, Trauma, Sucht und Führerschein
- Trauma und Sucht
- ADHS, Elvanse Adult und Führerschein
- MPU und Dauermedikation
- Anti-Gewalt Training
- MPU wegen Drogen
- MPU wegen Alkohol
- MPU-Vorbereitungskurse online