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Änderungen im Verkehrsrecht durch Cannabisgesetz

Änderungen im Verkehrsrecht durch Cannabisgesetz

Update zum Cannabisgesetz, MPU und Fahrerlaubnisrecht § 13a, Anlage 4 §11, 12 und 14

Änderungen im Verkehrsrecht durch Cannabisgesetz in Deutschland betreffen 

  • § 13a und 
  • Anlage 4 zu den §§11, 13 und 14 Fahrerlaubnisverordnung (FeV).

Die Teillegalisierung und Entkriminalisierung von Cannabis betrifft zunächst nur das Betäubungsmittelgesetz (BtmG) und erfordert eine Anpassung der Straßenverkehrsgesetze, analog zur Regelung des Alkoholkonsums im Straßenverkehr, wie in diesen Ändeerungen geschehen. 

Ansonsten würde das Fahrerlaubnisrecht eine Kriminalisierung durch die Hintertüre bedeuten. Ohne diese Anpassungen wäre zu erwarten, dass es zu erheblichen Zunahmen bei den Anordnungen einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU) für gelegentliche Cannabiskonsumenten (MPU wegen Drogen) kommen würde.

Über diese Gesetzesanpassung kommt es auch zu einer Verbesserung der derzeitigen Ungleichbehandlung von Alkohol- und Cannabiskonsumenten.

In meinen Beiträgen zum THC-Grenzwert in Deutschland oder Cannabislegalisierung habe ich bereits einige Aspekte zu den notwenigen und kritisch diskutierten Änderungen im Verkehrsrecht durch das Cannabisgesetz beleuchtet. In diesem Beitrag werde ich von den gesetzlichen Neuregelungen und der Einführung des § 13a der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) berichten. In diesem Pragraf heißt es im Wortlaut:

Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) § 13a Klärung von Eignungszweifeln bei Cannabisproblematik: Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass 1. ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme von Cannabisabhängigkeit begründen, oder 2. ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn a) nach dem ärztlichen Gutachten zwar keine Cannabisabhängigkeit, jedoch Anzeichen für Cannabismissbrauch vorliegen oder sonst Tatsachen die Annahme von Cannabismissbrauch begründen, b) wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss begangen wurden, c) die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a und b genannten Gründen entzogen war oder d) sonst zu klären ist, ob Cannabismissbrauch oder Cannabisabhängigkeit nicht mehr besteht.

Cannabisgesetz (CanG) in Deutschland im Kontext Straßenverkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss

Der Entwurf des CanG beinhaltet neben den Bestimmungen zur Freigabe des Cannabisanbaus, Vertriebs und Besitzes innerhalb festgelegter Grenzen auch Änderungen der FeV, nämlich einen neuen § 13a sowie Änderungen in Anlage 4 FeV. Nach diesen Änderungen soll der gelegentliche Konsum von Cannabis zukünftig nicht mehr automatisch die Fahreignung in Zweifel ziehen.

Die Anpassung des Fahrerlaubnisrechts aufgrund der Cannabislegalisierung, einschließlich der Neufassung des § 13 a FeV und der Änderungen in Anlage 4 zur FeV, zeigt also einen signifikanten Wandel in der Bewertung von Cannabiskonsum in Bezug auf die Fahrerlaubnis. Diese legislative Neuerung lockert die vormals rigiden Richtlinien. Es wurden nun spezifische Bedingungen festlegt, unter denen ein ärztliches Gutachten oder ein medizinisch-psychologisches Gutachten eingefordert werden kann. Dabei wird klar zwischen Cannabisabhängigkeit und -missbrauch unterschieden.

Die Einführung des § 13 a FeV bringt eine differenziertere Betrachtung des Cannabiskonsums, mit direkten Auswirkungen auf laufende und abgeschlossene MPU-Verfahren. Laufende Verfahren verbleiben in einer rechtlichen Grauzone. Personen, deren Fahrerlaubnis entzogen wurde, können nun unter erleichterten Voraussetzungen ihre Fahrerlaubnis zurückbekommen.

Erstes Fazit: Neuregelungen gemäß § 13a FeV zu Entzug der Fahrerlaubnis und Anordnung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung

    • § 13a bedeutet, dass gelegentlicher Cannabiskonsum nicht mehr automatisch die Fahreignung in Frage stellt.
    • Eignungsüberprüfungen aufgrund von gelegentlichem Cannabiskonsum sollen nicht mehr möglich sein.
    • Medizinisch-psychologische Gutachten (MPU) sollen nur bei Hinweisen auf Abhängigkeit oder missbräuchliche Einnahme angeordnet werden können.
Änderungen im Verkehrsrecht durch Cannabisgesetz

Entfällt die MPU-Anordnung bei Cannabiskonsum durch das Cannabisgesetz in Deutschland?

Eine Eignungsprüfung nach einer Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss soll erst erfolgen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss begangen wurden. 

Amnestie für Altfälle bei einer MPU-Anordnung für Cannabis ist möglich!

Was ist, wenn du bereits vor der Gesetzesänderung eine MPU-Anordnung wegen Cannabis hattest?

Eine frühere MPU-Anordnung wegen Cannabiskonsums im Straßenverkehr wird nicht automatisch rechtswidrig, weil sie zum Zeitpunkt der Anordnung rechtmäßig war. Allerdings steht diese Anordnung nun seit dem 01.04.2024 in einem logischen Konflikt, denn seit diesem Datum gelten sowohl das Cannabisgesetz (CanG) als auch der § 13a. Nach der neuen Rechtslage hätte das MPU-Gutachten eigentlich nicht mehr angeordnet werden dürfen.

Konflikt zwischen alter und neuer Rechtslage

Die bestehenden Anordnungen für eine MPU stehen nun im Widerspruch zu den neuen Regelungen. Unter der aktuellen Gesetzgebung wäre die Anforderung einer MPU in bestimmten Fällen, die früher gerechtfertigt war, möglicherweise nicht mehr zulässig. Dieser Konflikt zwischen der alten und der neuen Rechtslage führt zu einer rechtlichen Grauzone. Betroffenen und die Behörden müssen sich hier zunächst zurechtfinden. Es ist zu hoffen, dass die Behörden zeitnah einlenken werden.

Handhabung laufender und zukünftiger Fälle

Für Personen, die bereits unter der alten Regelung zur MPU aufgefordert wurden, stellt sich die Frage, wie mit ihrer Situation umgegangen wird. Es könnte Argumentationsspielraum geben, die Anordnung basierend auf der neuen Rechtslage anzufechten, insbesondere wenn sie nach dem Stichtag noch nicht abgeschlossen wurde. Zukünftig muss die Anordnung einer MPU in vergleichbaren Fällen unter Beachtung der neuen Gesetzgebung sorgfältig geprüft werden.

MPU-Beratung oder Rechtsberatung hinzuziehen

In solchen Übergangssituationen ist es ratsam, dir eine Beratung einzuholen, um zu verstehen, wie die neuen Regelungen auf individuelle Fälle angewendet werden können und welche Schritte unternommen werden können, um die eigenen Rechte zu wahren. Neben einem Juristen kannst du auch deine gut informierte MPU-Beratung um Support bitten. MPU Schlich Bonn steht dir in dieser Fragestellung hilfreich zur Seite.

Die Situation unterstreicht die Notwendigkeit einer klaren Kommunikation und Richtlinien von den zuständigen Verkehrsbehörden, um sicherzustellen, dass sowohl die Betroffenen als auch die Verwaltung wissen, wie mit den Übergängen zwischen alter und neuer Rechtslage umgegangen werden soll. Die Umstellung kann aufgrund der notwendigen Fortbildungen der Behördenmitarbeitenden noch Zeit in Anspruch nehmen.

Was bedeuten gelegentlicher Konsum, Missbrauch, Sucht und Abhängigkeit?

Die neue Regelung führt auch dazu, dass der bisherige, oft diskutierte Ansatz der Behörden, Verwaltungsgerichte und Gutachterstellen zur Ermittlung des „gelegentlichen Konsums“, nicht mehr angewendet wird. Jedoch hat die Überarbeitung der Fahrerlaubnisverordnung mit Begriffen wie „die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Cannabis Konsum“ nicht in jedem Fall zu einer erhöhten Klarheit beigetragen, was vorsichtig formuliert ein Bereich ist, der noch Verbesserungspotenzial bietet.

Dies betrifft auch die Frage danach, was Missbrauch ist und wie er von der Verwaltung definiert wird. Somit adressieren die Änderungen auch die Notwendigkeit, zwischen verschiedenen Konsummustern zu differenzieren und die realen Auswirkungen auf die Fahrsicherheit zu berücksichtigen. Für die Klärung und Neubewertung dessen, was als Cannabismissbrauch gilt, muss das Rad nicht neu erfunden werden. Die Weltgesundheitsorganisation, respektive die Internationale Klassifikation der Krankheiten in ihrer elften Revision (ICD-11), und das Diagnostische und Statistische Handbuch in seiner fünften Ausgabe (DSM-5) bieten klare Definitionen in Bezug auf Definitionen von Missbrauch und Abhängigkeitserkrankung. Ob diese allerdings übernommen werden ist aktuell fraglich.

In meinem Blog kannst du die wissenschaftlichen Definitionen nachlesen. Außerdem ist eine Übernahme dieser Kategorien ein komplexes Unterfangen, denn die Einführung solcher Klassifikationssysteme in rechtliche Regelwerke muss sorgfältig abgewogen werden. Neben den potenziellen Vorteilen in Bezug auf Klarheit und Konsistenz müssen auch die Konsequenzen bedacht werden, die solche Definitionen mit sich bringen können, insbesondere hinsichtlich der Stigmatisierung und Pathologisierung von Personen, die Cannabis konsumieren.

Stigmatisierung und Pathologisierung von Cannabiskonsumenten

Stigmatisierung kann auftreten, wenn Menschen aufgrund einer Diagnose diskriminiert werden, die in diesen Klassifikationssystemen als pathologisch eingestuft wird. Es kann dazu führen, dass Personen ungerechtfertigterweise als „krank“ oder „abweichend“ betrachtet werden, was ihre soziale Integration und Behandlung im Rechtssystem beeinflussen kann. Diese Problematik ist besonders in der Diskussion um die Fahrerlaubnis für Personen, die Cannabis konsumieren, von Bedeutung.

Daher ist es entscheidend, dass jeder Schritt hin zur Integration dieser Definitionen in das Fahrerlaubnisrecht nicht nur die Notwendigkeit von Klarheit und Vorhersehbarkeit, sondern auch die sozialen und persönlichen Auswirkungen für die Betroffenen berücksichtigt. Die aktuelle Diskussion um diese Thematik spiegelt die Notwendigkeit wider, eine ausgewogene Lösung zu finden, die sowohl der öffentlichen Sicherheit als auch den Rechten und dem Wohlergehen der Einzelpersonen dient.

Fazit: Wir brauchen eine ausgewogene Lösung, die sowohl der öffentlichen Sicherheit im Straßenverkehr als auch den Rechten der Einzelperson dient.

Ergebnisse internationaler Studien u.a. zu Cannabisfreigabe, Unfallrisiko und THC

Internationale Studien, darunter solche, die die Freigabe von Cannabis, dass damit verbundene Unfallrisiko und den THC-Konsum untersuchen, deuten auf die Komplexität dieser Debatten hin. Metaanalysen zum Unfallrisiko weisen auf einen moderaten Anstieg hin, allerdings lassen sich im Gegensatz zu Alkohol keine eindeutigen Beziehungen zwischen der Konzentration im Blut und der Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit feststellen. Angesichts dieser komplexen Zusammenhänge besteht ein klarer Bedarf an weiterführenden Studien, um die Auswirkungen von Cannabis auf die Verkehrssicherheit umfassender zu erfassen und zu verstehen.

Zusammenfassung und Ausblick zu Cannabislegalisierung und Führerschein

  • Die Einführung des § 13a FeV erfolgt im Kontext der Legalisierung des Cannabiskonsums.
  • Es besteht die Erwartung, dass eine Zunahme des Konsums auch mit einer Zunahme der Verkehrsrisiken einhergehen könnte.
  • Die Verkehrssicherheitsauswirkungen der Cannabislegalisierung sind aufgrund methodischer Schwächen in Studien nicht eindeutig belegbar.
  • Weitere Forschung ist notwendig, insbesondere im Hinblick auf die Verkehrssicherheit.
  • Eine Amnestie für Altfälle ist nach aktuellem Stand durchaus möglich. Allerdings nur bei Ersttätern, also wenn du erstmalig mit Cannabis im Straßenverkehr aufgefallen bist.
  • Der Begriff des Cannabismissbrauchs bedarf einer Klärung.
MPU-Beratung

Neben Änderungen im Betäubungsmittelgesetz ist es notwendigerweise auch zu gesetzlichen Neuregelungen in der Fahrerlaubnisverordnung gekommen. Diese rechtlichen Änderungen führen in Zukunft zu einer Gleichstellung von Alkohol- und Cannabiskonsumenten. Im Zuge dessen werden MPU-Anordnungen wegen Cannabis seltener erfolgen. Wenn du nicht gegen den Grenzwert verstößt, wird keine MPU wegen Drogen angeordnet.

Ob MPU-Anordnungen rückwirkend entfallen, ist aktuell noch fraglich. Es ist erwähnenswert, dass im Bundeszentralregistergesetz (BZRG) kleinere Betäubungsmittel-Delikte nachträglich gelöscht werden sollen (Amnestieregelung). Über das Fahreignungsregister (FAER) wurde im CanG leider nichts gesagt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Diskussionen weiterentwickeln werden. Wenn es gut läuft, dann wird die Sache eingestellt.

Quellen zu den Änderungen im Verkehrsrecht durch Cannabisgesetz

  • Auwärter, V. et al. (2022): Stellungnahme der Grenzwertkommission zur Frage einer Änderung des Grenzwertes für Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum zur Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 24a (2) StVG. BLUTALKOHOL, 59, S. 331 – 339
  • Fastenmeier, W. & Söllner, M. (2023): Die Legalisierung von Cannabis in verschiedenen Ländern – empirisches Lagebild zu den Auswirkungen auf Risikokennwerte der Verkehrssicherheit, des Gesundheitswesens und der Marktdynamik. Berlin: Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie DGVP e.V..
  • Nicht-öffentliche Delegationsanhörung im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages zum Thema „Auswirkungen der Cannabislegalisierung auf den Verkehrsbereich“
  • Ramaekers JG, Moeller MR, van Ruitenbeek P, Theunissen EL, Schneider E, Kauert G. (2006): Cognition and motor control as a function of Delta9-THC concentration in serum and oral fluid: limits of impairment. Drug Alcohol Depend. 2006 Nov 8;85(2):114-22.
  • Skopp, Graw, Musshoff (2022): BLUTALKOHOL 59/2022, 5 – 19.
  • Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie e.V. (DGVP) und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin e.V. (DGVM) zu geplanten Änderungen der FeV und des StVG im Rahmen des CanG. Offener Brief als Antwort auf eine Anfrage der DEKRA SE, Berlin, 2024
  • Vorstand der DGVM e.V. (2024) Offene Stellungnahme der DGVM. Zeitschrift für Verkehrssicherheit, 1, S. 56-5
  • Foto von Daniel Friday Danzor: https://www.pexels.com/de-de/foto/afroamerikaner-der-unkraut-raucht-3032153/

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